Tempo 30 in Wohngebieten wird bereits seit Jahren in ganz Wien konsequent ausgeweitet. Seit ein paar Tagen ist es nach unzähligen Anträgen von unserer Seite auch im Karmeliterviertel soweit. Der Plan weiter unten zeigt eindrucksvoll, wie überfällig das war: Ausser einem kleinen Gebiet im 20. Bezirk war das zentrumsnahe Karmeliterviertel mit seinen vielen kleinen Gassen das letzte Viertel in Wien, in dem Tempo 30 noch gefehlt hat.
Die Details
Positiv fällt auf, dass für die Busroute des 5A durch die Leopoldsgasse keine Ausnahme verordnet wurde (der Bus konnte dort eh nie schneller als 30 fahren). Dass es auch anders geht, zeigt das Negativ-Beispiel Volkertstraße-Rueppgasse: die absurde T50-Ausnahme dort hat bereits zu zahlreichen Unfällen in den Kreuzungsbereichen geführt, ohne dem Bus einen wirklichen Vorteil zu verschaffen – wir haben ausführlich darüber berichtet.
Unverständlich ist, wieso die Untere Augartenstraße nicht in die Zone einbezogen wurde: die Straßenbahn fährt dort auf eigenem Gleiskörper, könnte also wie in anderen Schienenstraßen auch, von T30 ausgenommen werden. Und dem 5A wäre mit einer Bevorrangung beim Abbiegen von der Leopoldsgasse in die Augartenstrasse (eine Ecke, wo er viel Zeit verliert), sicher mehr gedient als mit T50 auf der Augartenstraße auf den 30 Metern am Weg zu seiner Station.
Weiters fallen die vielen Nachrang- und Stopptafeln innerhalb der Zone selbst auf, die die T30-Zone in ihrer praktischen Wirksamkeit natürlich entwerten.
Wodurch entsteht „echtes“ T30?
Aus internationalen Beispielen weiss man, dass T30 vor allem dann eingehalten wird, wenn es ausser rechts-vor-links keine Vorrangregelungen gibt (also keine Ampeln, Stopptafeln, Nachrangtafeln). Konsequenterweise verbietet daher die STVO in einigen Ländern solche Bevorrangungen (zb Deutschland). Der Effekt: die meisten Autofahrer halten sich ans Tempolimit, ohne dass Kontrollen durch die Polizei (oder zusätzliche bauliche Massnahmen) notwendig wären.
In Wien ist aus Zählungen bekannt, dass sich nur ca 15% der Autofahrer an T30 halten – ein Effekt der mit den vielen nicht beseitigten Bevorrangungen zusammenhängt.
Auch im Karmeliterviertel (so wie in der ganzen Leopoldstadt) sind Nachrang- und Stopptafeln innerhalb der T30-Zone leider noch immer an der Tagesordnung – hier werden wir uns zügig um Verbesserungen bemühen.
Auch Radfahren-gegen-die-Einbahn (kurz: RgE) ist eine tempo-reduzierende Massnahme. Unter bestimmten Voraussetzungen (vor allem: Tempo-30) gilt RgE als eine sehr sichere Maßnahme für RadfahrerInnen, weil bei entgegenkommenden Fahrzeugen die Sichtbeziehung immer sehr gut ist. Auch hier gibt es auch noch erheblichen Nachholbedarf in unserem Bezirk: Ganze 12% der Gemeindestrassen sind in der Leopoldstadt als Einbahnen für RadfahrerInnen in Gegenrichtung befahrbar – wir sind hier am selben Level wie Favoriten oder Simmering. Pläne zur zügigen Erweiterung liegen seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten auf Eis. Wir das folgende Foto zeigt, besteht das Straßennetz in den Wohngebieten der Leopoldstadt defakto nur aus Einbahnen – Ausnahmen für RadfahrerInnen sind jedoch weiterhin sehr rar.
Andere Bezirke (vor allem: 5 bis 9, aber auch der 3. Bezirk) sind hier bereits wesentlich weiter. International geht man überhaupt davon aus, dass für eine volle Wirksamkeit typisch ca 60% aller Strassen als RgE freigegeben sein sollten (positives Beipiel, das von der Größe und Struktur her vergleichbar ist mit Wien: Brüssel). Es gibt also noch genug zu tun am Weg zu einer echten Verkehrsberuhigung, und auch zur Attraktivierung des Radverkehrs in den Wohngebieten unseres Bezirks.
Martin Köck, Bezirksrat
Es ist sicher sehr vernünftig T30 Zonen einzurichten und um die Autofahrer zur Einhaltung solcher Beschränkungen Bevorrangungen einzelner Straßen zu vermeiden.
Ich frage mich allerdings wann man eigentlich daran denkt, einmal die schweren gesundheitlichen Belastungen der Anrainer der Hauptstraßen zu vermindern, z.B, um nur eine sehr billige Maßnahme zu nennen T30 auch auf Hauptstraßen auszudehnen.