BLOG 2

Weblog der Grünen Leopoldstadt


2 Kommentare

Vom langen Weg zu einer sicheren Fahrradabstellanlage

Aus Untersuchungen weiß man, dass das Fehlen von sicheren Abstellplätzen für das Fahrrad für viele, die gerne im Alltag Rad fahren würden, ein wesentlicher Grund ist, der sie vom Radfahren abhält.

Aus diesem Grund setzt die Stadt Wien schon seit längerer Zeit auf die sogenannten Wiener Bügel. Das sind massive Metallbügel, an denen praktisch jedes Fahrrad ohne Mühe angesperrt werden kann und das gleichzeitig im Gegensatz zu den früher oft üblichen sogenannten Vorderrad-Klemmen die Laufräder des Fahrrades nicht beschädigen kann.

Zum Aufstellplatz gibt das Fachkonzept Mobilität der Stadt Wien Auskunft: So sollen in parkraumbewirtschafteten Bezirken die Fahrradbügel vorzugsweise in der Parkspur aufgestellt werden und sich nur ausnahmsweise am Gehsteig befinden. Die Platzierung am Gehsteig hat mehrere Nachteile: Die Fahrräder können zu Fuß gehende Menschen behindern, und auch die letzten Meter bis zum Fahrradständer sind fast immer nur schiebend möglich, da ja am Gehsteig das Radfahren nicht erlaubt ist. Was im ersten Moment nach einem kleinen Unterschied klingt, wird deutlicher, wenn man berücksichtigt, dass in den letzten Jahren die Zahl der Lastenfahrräder erheblich zugenommen hat. Das Schieben eines normalen Fahrrades am Gehsteig ist oft noch gut möglich, das Schieben eines beladenen Lastenfahrrades oft schwierig bis unmöglich, ganz abgesehen von den Behinderungen von zu Fuß gehenden Menschen. Aus diesem Grund werden auch in der Leopoldstadt Fahrradbügel fast ausschließlich in der Parkspur errichtet. Da auf einem Autoabstellplatz in der Regel 10 bis 12 Fahrradabstellplätze geschaffen werden können, bedeutet die Errichtung von Fahrradbügeln in der Parkspur eine erhebliche Parkplatz-Vermehrung.

20 Fahrräder statt 2 Autos (Leopoldsgasse)

 

Wie findet die Abstellanlage ihren Platz?

Im Prinzip kann jede/r eine Fahrradbügel-Anlage bei der Behörde (MA28) beantragen. Der Antrag kann auch (per Mail, Brief oder telefonisch) an die Bezirksvorstehung Leopoldstadt gerichtet werden. Für die Bewilligung des Ortes sind drei Voraussetzungen zu erfüllen:

  1. Der Ort muss prinzipiell genehmigungsfähig sein.
  2. Die Kosten müssen von jemandem getragen werden.
  3. Der Bezirk muss seine Zustimmung geben.

Die Kostenübernahme ist einerseits durch Firmen möglich, die ihrerseits auf den Bügeln ohne weitere Kosten ihre Werbung platzieren können, oder die Kosten werden von der Stadt getragen – dies ist der Normalfall. Ein Bügel kostet 250 Euro.

Nachdem der Bezirk zur Zustimmung ersucht wird, überprüft die Bezirksvorstehung Leopoldstadt die Situation vor Ort. Insbesondere wird dabei überprüft, ob an dieser Stelle ein sogenannter erhöhter Bedarf vorliegt. Für so einen Bedarf sprechen einerseits Fahrräder, die an Verkehrszeichen, Baumgittern o. Ä. angesperrt vorgefunden werden. Aber auch eine nahe Gastronomie, ein Nahversorger, eine öffentliche Einrichtung oder eine Wohnhausanlage, in deren Innenhof keine Fahrräder abgestellt werden können, können den Bedarf rechtfertigen.

Nach der Bedarfs-Feststellung schreibt die Behörde eine sog. Ortsverhandlung aus, bei der verschiedene betroffene Dienststellen der Stadt geladen sind und wo der optimale Aufstellplatz unter Berücksichtigung verschiedener Interessen (Platzierung von Schanigärten etc.) noch einmal besprochen wird. In den meisten Fällen stellt die Behörde daraufhin einen positiven Bescheid aus und beauftragt eine Baufirma mit der Aufstellung der Bügel.

 

Mit oder ohne Querstange? 45 Grad oder 90 Grad?

Noch vor wenigen Jahren wurden die sogenannten EBIS-Bügel (das kostengünstigere Modell der Wiener Bügel) fast immer mit Querstange aufgestellt, da nur mit dieser Stange die erforderliche Stabilität erreicht werden konnte. Allerdings hat die Stange das Ansperren der Räder an die Bügel und auch den Zugang dorthin erschwert. Mittlerweile hat sich die Technik so weiterentwickelt, dass auch alleinstehende geschraubte Bügel stabil und diebstahlsicher aufgestellt werden können. Sie sind daher zum Standard in der Leopoldstadt geworden. Zudem werden wegen der großen Anzahl an Lastenrädern, die immer mehr auf unseren Straßen zu sehen sind, die Bügel im Normalfall in einer 2 m Parkspur im 45 Grad Winkel zur Gehsteigkante aufgestellt, damit auch über 2 m lange Lastenräder dort problemlos abgestellt werden können, ohne in die Fahrgasse zu ragen. Nur in überbreiten Parkspuren (meist Ladezonen mit 2.5 m) werden die Bügel noch im Winkel von 90 Grad zur Gehsteigkante aufgestellt.

Lastenräder in Abstellanlage in 2.5 m Parkspur (Praterstraße)

 

Weitere Aufstell-Details: Platz-Optimierung

Beim Platzieren der Radbügel wird versucht, den Platz in der Parkspur möglichst effizient auszunützen. Das betrifft insbesondere die Plätze, wo durch die Parkmarkierung in Kombination mit baulichen Kanten ohnehin kein Auto parken kann. So ergibt sich fast immer im Zusammenspiel von 45° Schrägparkern und 90° Gehsteigkanten ein Dreieck, das nicht von Autos beparkt werden kann, auf dem aber das Abstellen von Fahrrädern problemlos möglich ist. Ein gutes Beispiel dazu findet sich z. B. in der Hollandstraße. Hier können heute am Ort für einen KFZ-Abstellplatz fast 20 Fahrräder abgestellt werden. Die Anlage war bereits einen Tag nach dem Aufstellen komplett ausgelastet.

Platzoptimierung (Hollandstraße)

 

Radbügel-Offensive

Insbesondere seit dem Jahr 2019 wurde in der Leopoldstadt mit einer Radbügel-Offensive begonnen, die dazu geführt hat, dass sich an vielen Plätzen des Bezirks die Parkplatzsituation für Radfahrende merklich verbessert hat und auch im Nahebereich von Einfahrten und Schutzwegen zusätzliche Sicherheit durch bessere Sichtrelationen geschaffen wurde – Radständer sind erheblich transparenter als Autos oder Lieferwägen.  Die Leopoldstadt gehört heute zu den wenigen Bezirken in Wien, die im von der Radlobby berechneten Ausbauplan von nötigen Abstellanlagen für das Alltagsradfahren liegen. Zwischen 2017 und 2019 wurden 1.838 neue Radabstellplätze realisiert. Es ist geplant, diese Initiative im laufenden und auch in den nächsten Jahren fortzuführen.


Ein Kommentar

T30 im Karmeliterviertel – endlich!

Tempo 30 in Wohngebieten wird bereits seit Jahren in ganz Wien konsequent ausgeweitet. Seit ein paar Tagen ist es nach unzähligen Anträgen von unserer Seite auch im Karmeliterviertel soweit. Der Plan weiter unten  zeigt eindrucksvoll, wie überfällig das war: Ausser einem kleinen Gebiet im 20. Bezirk war das zentrumsnahe Karmeliterviertel mit seinen vielen kleinen Gassen das letzte Viertel in Wien, in dem Tempo 30 noch gefehlt hat.

T30_t50_wien

Die Details

Positiv fällt auf, dass für die Busroute des 5A durch die Leopoldsgasse keine Ausnahme verordnet wurde (der Bus konnte dort eh nie schneller als 30 fahren). Dass es auch anders geht, zeigt das Negativ-Beispiel Volkertstraße-Rueppgasse: die absurde T50-Ausnahme dort hat bereits zu zahlreichen Unfällen in den Kreuzungsbereichen geführt, ohne dem Bus einen wirklichen Vorteil zu verschaffen – wir haben ausführlich darüber berichtet.

Unverständlich ist, wieso die Untere Augartenstraße nicht in die Zone einbezogen wurde: die Straßenbahn fährt dort auf eigenem Gleiskörper, könnte also wie in anderen Schienenstraßen auch, von T30 ausgenommen werden. Und dem 5A wäre mit einer Bevorrangung beim Abbiegen von der Leopoldsgasse in die Augartenstrasse (eine Ecke, wo er viel Zeit verliert), sicher mehr gedient als mit T50 auf der Augartenstraße auf den 30 Metern am Weg zu seiner Station.

t30_ende_augartenstrasse

Weiters fallen die vielen Nachrang- und Stopptafeln innerhalb der Zone selbst auf, die die T30-Zone in ihrer praktischen Wirksamkeit natürlich entwerten.

Wodurch entsteht „echtes“ T30?

Aus internationalen Beispielen weiss man, dass T30 vor allem dann eingehalten wird, wenn es ausser rechts-vor-links keine Vorrangregelungen gibt (also keine Ampeln, Stopptafeln, Nachrangtafeln). Konsequenterweise verbietet daher die STVO in einigen Ländern solche Bevorrangungen (zb Deutschland). Der Effekt: die meisten Autofahrer halten sich ans Tempolimit, ohne dass Kontrollen durch die Polizei (oder zusätzliche bauliche Massnahmen) notwendig wären.

In Wien ist aus Zählungen bekannt, dass sich nur ca 15% der Autofahrer an T30 halten – ein Effekt der mit den vielen nicht beseitigten Bevorrangungen zusammenhängt.

Auch im Karmeliterviertel (so wie in der ganzen Leopoldstadt) sind Nachrang- und Stopptafeln innerhalb der T30-Zone leider noch immer an der Tagesordnung – hier werden wir uns zügig um Verbesserungen bemühen.

nachrangschild_rembrandtstrasse

Auch Radfahren-gegen-die-Einbahn (kurz: RgE) ist eine tempo-reduzierende Massnahme. Unter bestimmten Voraussetzungen (vor allem: Tempo-30) gilt RgE als eine sehr sichere Maßnahme für RadfahrerInnen, weil bei entgegenkommenden Fahrzeugen die Sichtbeziehung immer sehr gut ist. Auch hier gibt es auch noch erheblichen Nachholbedarf in unserem Bezirk: Ganze 12% der Gemeindestrassen sind in der Leopoldstadt als Einbahnen für RadfahrerInnen in Gegenrichtung befahrbar – wir sind hier am selben Level wie Favoriten oder Simmering. Pläne zur zügigen Erweiterung liegen seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten auf Eis. Wir das folgende Foto zeigt, besteht das Straßennetz in den Wohngebieten der Leopoldstadt defakto nur aus Einbahnen – Ausnahmen für RadfahrerInnen sind jedoch weiterhin sehr rar.

leopoldstadt_einbahnen

Andere Bezirke (vor allem: 5 bis 9, aber auch der 3. Bezirk) sind hier bereits wesentlich weiter. International geht man überhaupt davon aus, dass für eine volle Wirksamkeit typisch ca 60% aller Strassen als RgE freigegeben sein sollten (positives Beipiel, das von der Größe und Struktur her vergleichbar ist mit Wien: Brüssel). Es gibt also noch genug zu tun am Weg zu einer echten Verkehrsberuhigung, und auch zur Attraktivierung des Radverkehrs in den Wohngebieten unseres Bezirks.

Martin Köck, Bezirksrat