Es gibt viele gute Gründe, das Tempo des Autoverkehrs in der Praterstraße einzubremsen. Wegen der höheren Verkehrssicherheit, wegen des geringeren Lärms und weil es sich viele AnrainerInnenwünschen.
Immer wieder erstaunlich, wie sehr ein Tempolimit in der Stadt manche Menschen und Organisationen beschäftigt. Manche bezeichnen diese Maßnahme als Zeichen von Autofahrerfeindlichkeit. Doch darum geht es bei Tempo 30 nicht. Diese Maßnahme ist weder autofahrerfreundlich noch autofahrerfeindlich. Diese Maßnahme kann Leben retten – und deswegen ist sie so wichtig.
Den Vogel dabei hat sicherlich der Auto-, Motor- und Radfahrerbund Österreichs (ARBÖ) abgeschossen. Die Einrichtung einer Tempo 30-Zone in der Praterstraße ist für ihn ein Zeichen von „Realitätsverweigerung“ (s. Faksimile).
Realitätsverweigerung des ARBÖs
Welche Realität meint der ARBÖdamit?
Die Realität, dass Tausende Menschen jährlich in Wien im Straßenverkehr verletzt oder getötet werden (darunter 6 tote FußgängerInnen 2018)? Und dass die häufigsten Unfallursachen Ablenkung und nicht angepasste Fahrgeschwindigkeit sind?
Die Realität, dass Messungen der Bezirksvorstehung in der Praterstraße eine Höchstgeschwindigkeit von 127 km/h gemessen haben und dass sich 20% aller Kfz nicht an das Tempolimit gehalten haben?
Oder die Realität, dass die Verkehrssicherheit bei geringerem Kfz-Tempo wesentlich höher ist? Weil sowohl der Anhalteweg kürzer ist als auch die Unfallfolgen leichter werden.
Die Physik spricht ganz klar für ein geringeres Tempo in der Stadt
Die Bezirksvorstehung hat bereits 2017 eine groß angelegte Bürgerbeteiligungdurchgeführt.
Hunderte AnrainerInnen haben dabei mitgeredet und ihre Wünsche und Vorschläge deponiert. Eine der am häufigsten gewünschte Maßnahmen war die Temporeduktion in der Praterstraße. Und nachdem es keinen vernünftigen Grund gibt, mit dieser verkehrsorganisatorischen Maßnahme auf den Umbau der Straße zu warten, hat sich Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger entschlossen, sie vorzuziehen.
Abgesehen vom ganz wichtigen Aspekt der höheren Verkehrssicherheit setzen sich auch viele Geschäftsleute der Praterstraße für das Tempo 30 ein. Weniger Lärm durch ein geringeres Tempo bedeutet gerade für die vielen Schanigärten der Praterstraße eine wesentlich höhere Attraktivität. Denn wer möchte schon gerne neben einer Stadtautobahn speisen und sich mit FreundInnen unterhalten? Sie vielleicht? Auch erwarten sich die Geschäftsleute von einer Temporeduktion mehr KundInnen. Denn eine sichere und ruhigere Umgebung lädt sicherlich mehr zum Flanieren ein als die Straße im jetzigen Zustand.
Unser Ziel ist es jedenfalls, die Praterstraße wieder zu dem Prachtboulevard zu machen, der sie früher einmal war. Sie ist ja nur eine Bezirksstraße – die Bundesstraße als höherrangige Verbindung verläuft über die Franzensbrückenstraße und die Untere Donaustraße. Daher wollen wir auch den Durchzugsverkehr aus der Praterstraße rausbekommen – und die diversen Plätze an der Praterstraße wie z.B. den Nestroyplatz attraktiver gestalten und damit die Aufenthaltsqualität steigern.
Wie man sieht, ist eine Temporeduktion in der Praterstraße sehr sinnvoll und wird von vielen gewünscht. Deshalb arbeiten wir auch daran – trotz des Gegenwinds von mancher Seite.
Niki Kunrath, Gemeinderat und ehemaliger Leopoldstädter Bezirksrat, war wieder bei uns zu Gast, um uns von seinem politischen Leben und seinen Erfahrungen bei den Koalitionsverhandlungen zur türkis-Grünen Bundesregierung zu berichten. Wenn auch manche Themengebiete noch Verbesserungspotenzial erkennen lassen, freuen wir uns über die zahlreichen Erfolge. Moderiert wurde der Abend von Florian Tschebul.
„Man muss miteinander reden!“ – Niki Kunrath ist ein politischer Mensch, durch und durch. Aufgewachsen in religiösem und politisch-aktivistischem Umfeld, beginnt er früh, sich für Menschenrechte, Antirassismus und Inklusion behinderter Menschen einzusetzen. Schon in der Gründungsphase begleitete er namhafte NGOs (ZARA, Hemayat), wirkte in den 1990er-Jahren an der Organisation des Lichtermeers mit und wurde Generalsekretär bei SOS-Mitmensch. Außerdem sammelte er im Lauf seiner Karriere praktische Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Bundesheer und erwarb sich ein gewisses Ansehen in polizeilichen Kreisen. Seine Einstellung zur Politik, die auch in den Koalitionsverhandlungen von großer Bedeutung war: Man muss miteinander reden. Politische GegnerInnen nimmt Niki ernst, man begegnet einander oftmals sogar mit Verständnis, ohne dabei seine eigene Meinung zu verlieren, so seine Einstellung.
Missverständnisse – Seiner Meinung nach musste in den Koalitionsverhandlungen dieses Verständnis erst hergestellt werden. Niki, der bei den Kapiteln Sicherheit und Verteidigung mitverhandelte, berichtet von anfänglichen „Missverständnissen“, die eine Herausforderung darstellten. Sehr unterschiedliche Parteien seien einander begegnet. Falls mit der Koalition eine Ehe geschlossen worden wäre, würde man nicht unbedingt von einer Liebesheirat sprechen. Karl Nehammer, Karl Mahrer, Susanne Raab und Stefan Steiner waren einige der Kontrahent_innen, denen Niki gegenübergesessen ist. Machtvolle Impulse in den Verhandlungen seien von Eva Blimlinger im Bereich Erinnerungskultur ausgegangen.
Kapitel Sicherheit – Im Kapitel Sicherheit gibt es Erfolge und Potenziale. Nicht alle Verhandlungsteilnehmer_innen haben die Vorteile einer persönlichen Kennzeichnung von Polizist_innen erkannt, noch nicht einmal einer Kennzeichnung mit der Dienstnummer. Bis in die 1960er sei das in Österreich Realität gewesen, auch viele Polizist_innen wären dafür. Dafür freuen wir uns über die unabhängige Stelle gegen polizeiliche Misshandlung. So legt das Regierungsprogramm fest: „Konsequente und unabhängige Ermittlung bei Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamtinnen bzw. Polizeibeamte in einer eigenen Behörde in multiprofessioneller Zusammensetzung, die sowohl von Amts wegen ermittelt als auch als Beschwerdestelle für Betroffene fungiert und mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet ist“ (S. 213) – NGOs und die Zivilgesellschaft sollen dabei eingebunden werden. Ein klarer Erfolg für die Menschenrechte.
Kapitel Verteidigung – Im Kapitel Verteidigung wurde um Worte gerungen. In der Druckversion steht „aktiv“ bei der Luftraumüberwachung und „teiltauglich“ bei den Tauglichkeitskriterien. Man musste schließlich zu einem Ende kommen, auch wenn wir nicht immer glücklich über den Letztstand waren. Das Heer konzentriert sich auf seine Kernaufgaben und die Bewältigung von Naturkatastrophen. Es gibt keine Verlängerung des Wehrdienstes.
Entschlossenheit beim Kampf gegen Antisemitismus – Auch in mehreren anderen Kapiteln zeigt sich Potenzial für allfällige zukünftige Koalitionsverhandlungen. Bei den Themen Asyl und Flüchtlinge wären Verbesserungen aus Sicht mancher Teilnehmer_innen angebracht gewesen. Die Definition der Zumutbarkeit bei Arbeitsvermittlung entspricht noch nicht der Maximalforderung. Andererseits freuen wir uns über Entschlossenheit beim Kampf gegen Antisemitismus.
Erfolge – Darüberhinaus darf an die Grünen Erfolge bei den Themen Klimaschutz, Infrastruktur, General-Kollektivvertrag, Ausbau von Bildungseinrichtungen, Transparenz und in vielen weiteren Bereichen erinnert werden.
Verantwortung – Dieses Regierungsprogramm beinhaltet neben allen bestehenden Verbesserungspotenzialen auch viele Projekte mit eindeutig Grüner Handschrift. Es ist ein Programm, das die Verantwortung anerkennt, die man als Partei in der Bundesregierung hat. Es stellt sich den Herausforderungen, mit denen das Land konfrontiert ist. Wir haben viel erreicht und freuen uns, in den nächsten Jahren die Umsetzung der Projekte voranzutreiben.
Die Grünen Leopoldstadt und die Grüne Bildungswerkstatt Wien haben am Dienstag, 25.06., einen Vortrag mit dem Umweltmediziner Hans-Peter Hutter veranstaltet. Prof. Hutter ist stellvertretender Leiter der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin des Zentrums für Public Health der Medizinischen Universität Wien. Der Vortrag fand bei uns im Grün 2 statt und erfreute sich lebhaften Zuspruchs.
Vor Hans-Peter Hutter präsentierte Stefan Mittermüller von den Grünen Penzing die Ergebnisse seiner umfangreichen Recherchen über die dritte Piste des Schwechater Flughafens. Tatsächlich gäbe es Möglichkeiten, die Lärmsituation über Wien zu verbessern. Durch gekurvten Anflug oder indem man bei Leichtwind andere Pisten anfliegt, könnte man die Belastung vermindern, was nur leider politisch und betriebstechnisch noch seiner Umsetzung harrt.
Hans-Peter Hutter erläuterte die verschiedenen – direkten und indirekten – Wirkungen von Lärm, deren gesundheitlichen Auswirkungen sowie den Umgang damit. So macht es einen Unterschied, ob Lärm plötzlich und in großer Intensität auftritt oder ob er über längere Zeit einwirkt. Beim Knalltrauma etwa werden Haarzellen zerstört, und durch regelmäßigen Discobesuch kann die Hörfähigkeit dauerhaft beeinträchtigt werden und in der Folge Tinnitus auftreten. Bei den indirekten, extraauralen, Wirkungen wird nicht das Hörorgan geschädigt, sondern der Lärm betrifft den ganzen Organismus. So kann Umweltlärm zu Beeinträchtigungen im emotionalen Bereich, im Bereich der Leistungsfähigkeit oder etwa zu Herz-Kreislauf-Schäden führen. Dauerhaft gestörter Schlaf gilt ebenfalls als ein Gesundheitsrisiko. Das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall steigt durch chronische Straßenverkehrslärm-Belastung, bei Kindern können Schwierigkeiten auftreten, lesen zu lernen.
Hinsichtlich Lärmempfinden spielen viele persönliche und situative Faktoren eine Rolle – ob man etwa den verursachenden Vorgang als unnötig und vermeidbar empfindet. So kann der Rettungshubschrauber als notwendig eingeschätzt werden, wodurch man bereit ist, das damit verbundene Geräusch zu tolerieren. Das (nächtliche) Zuschlagen einer Tür wird hingegen eher als belästigend wahrgenommen. Die Sensibilität gegenüber Verkehrslärmarten ist unterschiedlich: Fluglärm ist deutlich stärker belästigend als Schienen- und Straßenlärm. Generell ist die Bevölkerung in den letzten Jahrzenten sensibler gegenüber Lärm geworden. Neben Verkehrslärm werden speziell Nachbarschafts- und Baustellenlärm als störend wahrgenommen. Zu den Arten von Nachbarschaftslärm, die zu Beschwerden führen, zählen u.a. der Lärm aus Nachbarwohnungen, von Schanigärten und Klimaanlagen.
Prof. Hutter rät dringend zu weiteren Schutzmaßnahmen vor Lärm. Man müsse dafür sorgen, dass es Ruhezonen gebe, und zwar in zeitlicher und räumlicher Hinsicht. Der arbeitsfreie Sonntag sorgt etwa dafür, dass es merklich ruhiger ist.
Etliche Fragen aus dem Publikum wurden bei unserer Veranstaltung von Hans-Peter Hutter, Bezirksvorsteherin-Stellvertreter Adi Hasch, Bezirksrat Robert Wallner und anderen erörtert.
Die Lärmbelastung für jeden Straßenzug kann man auf laerminfo.at abfragen.
Schlussfolgerung Was können wir aus Hans-Peter Hutters Vortrag lernen? Es sind natürlich nicht nur die rein physikalischen Eigenschaften wie Schallintensität und Frequenz eines Geräuschs, die es zum Lärm machen. Lärmbelästigung wird auch von anderen Einflüssen deutlich mitbestimmt. Oft wird in Nachbarschaften darüber gestritten, ob eine Tätigkeit, eine Klimaanlage oder irgendein anderes technisches Gerät wirklich nötig ist. Man muss beim Lärm also ganz besonders die soziale Dynamik der Auseinandersetzung beachten. Was aber auch klar geworden ist, ist, dass Verkehrslärm nach wie vor eine große Rolle spielt. Diesem wird durch konsequente Grüne Politik beizukommen sein, die heute aufgrund des Klimawandels eine noch viel stärkere Dringlichkeit hat.
Die Nordbahnhalle ist ein großartiges Projekt, das gezeigt hat, welches Potenzial Zwischennutzungen haben können und wie zentral Gemeinschaftsorte für eine Nachbarschaft sind.
Besonders die Projekte „Mischung Possible“ und im Anschluss „Mischung Nordbahnhof“ haben die Entwicklung der Halle im Zeitraum der letzten beiden Jahre in dieser Form ermöglicht, da sie personelle und finanzielle Ressourcen aufgestellt haben. Der Klima- und Energiefonds und die TU auf Seiten des Bundes und die Stadt mit dem Stadtraum, nicht zu vergessen die Grundeigentümerin ÖBB mit verschiedenen Sachleistungen, haben die Zwischennutzung möglich gemacht.
Ohne die vielen bezahlten und unbezahlten Arbeitsstunden der beteiligten Menschen wäre aber der Betrieb der Halle nicht möglich gewesen. Irrsinnig viel Herzblut und Energie ist in die Nordbahnhalle geflossen und hat sie aufgebaut.
Der Wasserturm mit der Nordbahnhalle inmitten der Gstättn, aus der die Freie Mitte wird: vom Foto-Standpunkt und vom linken Bildrand her wird die Bebauung unmittelbar an den Wasserturm heranrücken.
Ziel der „Mischungs-Projekte“ war es, Dinge als Zwischennutzung auszuprobieren, Netzwerke zu knüpfen und ohne die üblichen scharfen Marktbedingungen Räume für alles Mögliche zur Verfügung zu stellen. Von Anfang an war klar, dass die Bedingungen, zu denen dies geschehen kann, nur für einen begrenzten Zeitraum bestehen können, da die Entwicklung der Bebauung am Nordbahnhof an den Wasserturm heranrückt und die Straßenbahnschleife beim Wasserturm gebaut werden und zumindest ein Teil der Halle weichen muss.
Im Laufe der Zeit haben sich viele Menschen in diesen Ort verliebt. Weil er magische Momente ermöglicht hat, weil er so offen war, weil er dem Grätzl einen Treffpunkt gegeben hat.
Quartiere brauchen Orte, an denen etwas passieren kann, was in einem Neubauquartier aufgrund des funktionalen Designs von Wohnhäusern eben nicht so leicht passiert. Im Zeitraum der letzten beiden Jahre gab es daher eine Reihe von Initiativen, die das Ziel hatten, die Nordbahnhalle zu institutionalisieren und sie auf Dauer zu etablieren. So ein toller Ort soll doch bleiben können, wenn er offenbar so vielen Menschen etwas gibt.
Es gab nichtkommerzielle und kommerzielle Konzepte. Unternehmen, NGOs und Einzelne haben überlegt, wie sie die Nordbahnhalle so umrüsten können, dass sie auch nach dem notwendigen Teilabriss und nach der Gestaltung der Freien Mitte noch weiter funktionieren kann. Aus allen wurde nichts.
Die Freie Mitte und die Halle haben viele kulturelle Events ermöglicht
Warum?
Die Nordbahnhalle ist eine Lagerhalle aus den 60er Jahren. Sie befindet sich derzeit im Eisenbahnrecht, da sie auf dem Grund der ÖBB steht. Wenn Sie im öffentlichen Eigentum genutzt werden soll, muss sie dem Stand der Technik entsprechend umgerüstet werden, was Gebäude- und Veranstaltungssicherheit angeht. Der Teilabriss betrifft nicht nur den vorderen oberirdischen Teil, sondern auch die Unterkellerung. D.h. der Keller muss ebenfalls abgetragen werden, was die Statik des Gebäudes natürlich massiv beeinträchtigt und nach einem Teilabriss aufwendige bauliche Instandsetzungsmaßnahmen erforderlich machen würde.
Im Gebäude gibt es eine Menge veraltete technische Anlagen, wie zum Beispiel eine Ölheizung, die natürlich auch bei einem Teilabriss abgebaut werden müsste. Dasselbe gilt für die elektrischen Anlagen.
Aus ökologischen Gesichtspunkten ist der Betrieb im jetzigen Zustand eigentlich nicht weiter vertretbar. Nach dem Teilabriss sind keine Anschlüsse für Wasser, Strom, Kanal und keine Anbindung an das Verkehrsnetz mehr vorhanden. Dafür werden die neuen NachbarInnen, vor allem neuzuziehende BewohnerInnen, unmittelbar an das Areal heranrücken und die bisherigen Aktivitäten beeinflussen.
Es ist offensichtlich, dass eine Adaption für eine Nutzung nach einem Teilabriss viel Geld kosten würde. Nur die restlichen Gebäudeteile stehen zu lassen würde nicht gehen, da es keine Gebäudeinfrastruktur mehr geben und vermutlich auch Einsturzgefahr bestehen würde.
Ich durfte selbst bei der Vorstellung eines Konzepts für eine kommerzielle Nutzung der Halle, die einige hundert Quadratmeter als konsumfreien, frei nutzbaren Raum vorsah, dabei sein. Die Adaption hätte zwar einige alte Gebäudeteile erhalten, hätte aber von außen eher als Neubau gewirkt. Um eine Investitionen hereinzubringen wäre etwa ein Viertel mehr Nutzfläche hinzugekommen, zusätzlich war eine Höhenentwicklung vorgesehen und es hätte natürlich einer Baulandwidmung bedurft.
Wir haben dieses Projekt abgelehnt. Es hätte die Qualitäten des Leitbildes „Freie Mitte – Vielseitiger Rand“, das für die Entwicklung des Nordbahnhofs gilt, gefährdet.
Keine der Initiativen, die eine Adaption der Nordbahnhalle für eine langfristige Nutzung zugelassen hätte, hat sich als machbar erwiesen. Leider. Wegen der Kosten.
Der Wasserturm und die Nordbahnhalle stehen im als Erholungsraum gewidmeten Gelände. Dort sind prinzipiell keine Neubauten zulässig. Um aber eine Adaption des Gebäudes zu ermöglichen, wäre eine entsprechende Widmung notwendig, um rechtlich überhaupt etwas bauen zu dürfen.
In der Vergangenheit haben wir einige Beispiele erlebt, wo mit guten Intentionen Bauland gewidmet wurde, dann aber aus welchen Gründen auch immer nicht die erhofften gemeinnützigen Kulturinstitutionen kamen, sondern kommerzielle Zweckbauten (z.B. beim Augartenspitz). Das darf uns in der Freien Mitte nicht passieren.
Wir haben uns immer – unter der Führung von Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger– dafür ausgesprochen, die Nordbahnhalle zu erhalten, wenn ein sinnvolles Konzept vorliegt.
Zentral dabei war immer, dass wir keine Baulandwidmung wollten, wenn nicht ein ganz klarer, konkreter und gewichtiger öffentlicher Nutzen dabei gewonnen werden kann. Das Leitbild für den Nordbahnhof sieht beim Wasserturm, dort wo die Nordbahnhalle steht, Grünraum vor. Dieser darf auf keinen Fall leichtfertig für irgendeine andere Nutzung hergegeben werden.
Wir stehen zu dieser Position.
Wir haben seit vielen Monaten offen gesagt, dass wir für einen Erhalt der Halle zu haben sind, dass aber kein tragfähiges Konzept da ist und dass in diesem Fall wohl der volle Abriss notwendig wird.
Die IG Nordbahnhalle tritt nun, kurz vor dem Abschlussfest der Zwischennutzung auf den Plan und fordert, dass die Stadt Geld in die Hand nimmt, um die Halle nach dem Teilabriss im Bestand zu erhalten, ohne ein Konzept oder eine konkrete Vorstellung davon zu haben, was dann geschehen soll. Es solle dann partizipativ und ergebnisoffen nach einer Nutzung gesucht werden. Das ganze solle jedenfalls als Kulturprojekt laufen.
Die IG Lebenswerter Nordbahnhof hat mit dieser Initiative nichts zu tun. Die Namensähnlichkeit dürfte aber kein Zufall sein. Das Kulturressort hat zwar grundsätzlich Interesse bekundet, scheint aber eine derartige Investition nicht in seiner Strategie zu haben. Das Planungsressort ist für Kulturnutzungen nicht zuständig. Der Bezirk hat nicht die nötigen Ressourcen und dürfte auch aus rechtlichen Gründen nicht tätig werden.
In den letzten beiden Jahren war klar, dass mit Mitte 2019 die Bagger kommen und dass eine Lösung für die Halle finanzielle Mittel braucht.
In dieser Zeit haben sich sehr viele Menschen aus diversen Szenen, aus der Umgebung engagiert und Überlegungen zum Weiterbetrieb der Nordbahnhalle angestellt. Ohne Erfolg, siehe oben. Die Politik kann Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Potenzialen schaffen. Sie kann aber nicht völlig ergebnisoffen eine nicht bestimmte Summe budgetieren. (Das ist illegal.)
Zwischennutzung at its best: Nordbahnhalle
Meiner Meinung nach ergeben sich aus der aktuellen Situation zwei Aufgaben:
Die Mischung ermöglichen
Das Leitbild „Freie Mitte – Vielseitiger Rand“ sieht im gesamten Gebiet eine Nutzungsmischung vor, anstelle der funktionalen Trennung, die den modernen Städtebau immer noch prägt. Wir müssen alles tun, um auch im Neubaugebiet unterschiedliche Möglichkeiten der Nutzung zu gewährleisten. Neben Wohnen und Arbeiten muss auch Kultur, soziale Interaktion, Integrationsarbeit und konsumfreie Freizeitgestaltung mit hoher Qualität am Nordbahnhof Platz finden.
Wir müssen hier alle öffentlichen Akteure und auch die Bauträger in die Pflicht nehmen, über den eigenen Schatten zu springen.
Zwischennutzungen durchziehen
Zwischennutzungen haben es oft schwer, weil häufig Widerstände gegen ihre Beendigung entstehen.
Trotzdem muss die Politik weiterhin Initiativen, die aus nicht mehr funktionalen Räumen zwischenzeitlich etwas machen wollen, fördern und unterstützen. Aus solchen temporären Institutionen entstehen Impulse und Energien, die sonst keine Chance hätten. Sie dann weiter zu bündeln und auf Dauer einzupflanzen ist eine Herausforderung. Einige Initiativen, die aus der Nordbahnhalle kommen, werden bereits in anderen Kontexten sesshaft.
Klar ist: Wien braucht „Nordbahnhallen“ – fix oder als Zwischennutzung – als Experimentierort und für Nutzungen abseits des Mainstreams.
Jedes Verbrechen ist empörend und ein schwerer Schaden für das Opfer und dessen Angehörige. Im Umgang mit Verbrechen ist aber noch einiges andere zu bedenken. Die Waffenverbotszone am Praterstern definiert die Gegend offiziell als gefährlich. Das dient nicht nur der Verbrechensbekämpfung, sondern auch der Selbstdarstellung als überlegener, anständiger Mensch.
Unsere Werte
Wir definieren Werte. Die Werte geben uns die Richtung im Leben vor, sie dienen als Orientierungspunkte. Im geordneten Alltag streben alle anständigen Menschen nach denselben Werten. Aber es gibt sie doch: die Unanständigen. Sie verletzen unsere Werte, sie verstoßen gegen die Regeln, sie widersetzen sich.
Wir beobachten Zusammenhänge: Wo halten sie sich auf, diese Unanständigen? Wie erklären wir ihr Verhalten? Wodurch unterscheiden sie sich von uns? Hilfreich bei diesen Gedanken ist, wenn die Polizei die verdächtigen Gruppen gleich offiziell definiert, zum Beispiel mit Waffenverbotszonen. Wir haben es schon immer gewusst: die Gegend ist gefährlich.
Die Verdächtigen
Das Böse hat jetzt einen Ort: es ist am Praterstern. Wer oder was genau ist aber böse? Bei genauerem Hinsehen verschwimmen die Grenzen. Ist das Böse wirklich eine persönliche Entscheidung, die von den Menschen selbst getroffen wird, oder ist es ungleich verteilt zwischen verschiedenen Gruppen, die an einer sozialen Auseinandersetzung teilnehmen? Böse sind immer die anderen, diejenigen, die nicht zu uns gehören und unsere Werte nicht teilen. Die eigene Lebensweise ist immer die beste.
Was sagen noch einmal unsere Werte? Gleichheit ist laut einer Studie einer der wichtigsten Werte der ÖsterreicherInnen. Wenn ich mich über meine Werte definiere, dann lebt niemand die Gleichheit so überzeugend wie ich selbst. In diesem Satz dürfte ein Widerspruch stecken.
Die Zone erfüllt auch die Funktion eines Sündenbocks. Solange ich nicht hingehe, kann ich gar nicht zu den Unanständigen gehören, die sich dort aufhalten oder aufgehalten haben. Falls ich doch hingehe, habe ich ganz bestimmt nichts Näheres mit den Menschen dort zu tun. Ich gehe ja nur durch. Wo der Anstand zu finden ist, sagt uns heute die Obrigkeit. Es werden klare Grenzen gezogen, innerhalb gelten andere Gesetze als außerhalb.
Die Zone der Minderprivilegierten
Wir sehen, dass Werte definiert werden und auch gleich wieder verletzt werden. Werte enthalten Widersprüche. Man verwendet Werte immer auch dazu, um sich selber als überlegen darzustellen. Ist das Böse freie Entscheidung? Wie landet man eigentlich in einer Randgruppe? Wer gehört zur Zone und wer geht nur schnell durch? Es ist eine Machtfrage.
Quellen: – über Distinktion: Bourdieu, Pierre. 1984. Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Übersetzt von Bernd Schwibs und Achim Russer. Dritte, durchgesehene Auflage. 1979. Frankfurt am Main: Suhrkamp. – über Werte: European Social Survey Round 8 (2016), www.europeansocialsurvey.org – über Widersprüche: Marx, Karl. 1968 [1867-1894]. Das Kapital. MEW Band 23. Berlin: Dietz.
Auf einer ganzen Seite berichtete gestern der Kurier von einem angeblichen Grünen Geheimpapier zur Praterstraße. Die ganze Aufregung war aber umsonst, die Studie haben wir bereits im September 2015 in einer Pressekonferenz präsentiert.
So könnte die Praterstraße auch aussehen
Ganz kann ich es noch immer nicht nachvollziehen, wie es gestern zu diesem Sturm im Wasserglas gekommen ist. Die Studie „Verkehrsberuhigung Praterstraße“, die ein Verkehrsplaner in unserem Auftrag erstellt hat, haben wir am 2.9.2015 gemeinsam mit der Grünen Wirtschaft bei einer Pressekonferenzin einem Betrieb in der Praterstraße – zu der natürlich auch der Kurier eingeladen war – der Öffentlichkeit vorgestellt. Und seitdem steht die angebliche „Geheimstudie“ auch zum Download auf unserer Website jedermann zur Verfügung.
So weit so gut. Warum allerdings laut dem Kurier-Artikel unserem Bezirksvorsteher die Luft weggeblieben sein soll, als der Kurier ihn gestern mit der Studie konfrontierte, ist mir völlig schleierhaft. Neu ist diese Studie für BV Hora sicherlich nicht. Schließlich hat die SPÖ bereits am 3.9.2015 in einer Presseaussendungablehnend auf unsere Vorschläge reagiert.
Spannend war es gestern jedenfalls zu sehen, wie „tapfer“ sich die vereinigten Freunde der Freien Fahrt für die Verteidigung der 2. Spur für den Durchzugsverkehr in der Praterstraße ins Zeug legten. Es gab dazu Presseaussendungen der Neos, der FPÖ, der ÖVP (sogar 2!), und des ÖAMTC. Alles nachzulesen unter http://www.ots.at/. BV Hora sprach im Kurierartikel sogar von einer „Kriegserklärung“…
Wir sind jedenfalls weiterhin der Meinung, dass der aktuelle Zustand der Praterstraße bei weitem nicht optimal ist.
Nach unserem Vorschlag profitieren nicht nur FußgängerInnen und RadfahrerInnen durch breitere Gehsteige und breitere Radwege. Der Umbau der Straße bringt den BewohnerInnen durch das Abrücken der Fahrbahnen von den Häusern auch eine geringere Lärm-und Abgasbelastung. Und durch die Umgestaltung der Straße zu einer echten Flaniermeile profitieren auch die Geschäftsleute durch mehr Kundschaft und Aufwertung der Erdgeschoss-Zone. Die Praterstraße soll wieder zu einem Boulevard werden.
Dennoch sehen wir unseren Vorschlag nicht als der Weisheit letzter Schluss, sondern möchten damit vor allem einen Diskussionsprozess über die Zukunft der Praterstraße in Gang bringen. Und wir freuen uns natürlich darüber, wenn unser Bezirksvorsteher uns dabei hilft, indem er das Thema wieder in die Medien bringt 😉
Die ÖBB wollen ALM-DIY, eine selbstorganisierte Skater-Gruppe, von ihrem Gelände schmeißen. Wir können überhaupt nicht nachvollziehen, warum.
ALM-DIY (Do it yourself) ist ein selbstorganisiertes Kollektiv, das skatet, gärtnert, baut und das sich die städtische G‘stättn am Nordbahnhof temporär angeeignet hat. Das selbstbestimmte Skaten ist zwar der Ausgangspunkt, daraus ergeben sich aber viele andere positive Aspekte: Vernetzung mit den NachbarInnen, mit Kindern, die einen Spielplatz improvisieren, mit SkaterInnen aus ganz Wien, mit Leuten, die gerne gärtnern, mit SportlerInnen, die sich Fitnessgeräte hinstellen und mit Menschen, die das Gelände in seiner Brache-Phase beleben wollen.
BV-Stv. Uschi Lichtenegger und BR Bernhard Seitz bei der gefährdeten Skateranlage
ALM-DIY ist eine unabhängige Gruppe von Menschen, wie sie sich Stadt- und Bezirksoberhäupter nur wünschen können. Sie bringt Vernetzung von unterschiedlichen Gruppen und bringt soziale Funktionen, Sport und Kultur in eine verschlafene Ecke des Bezirks. Gruppen wie ALM-DIY entscheiden darüber, ob Stadtteile lebenswert sind und ob Urbanität gelingt.
Wir brauchen solche Leute am Nordbahnhof. Wir brauchen solche Initiativen in ganz Wien. Die Zukunft eines Stadtentwicklungsgebiets lässt sich nicht nur planen, sie muss Platz finden, um zu wachsen. In Wien gibt es leider offenbar immer noch eine große Angst vor jeder Bewegung, die nicht von ganz oben abgesegnet wird, so auch hier.
Die ÖBB wollen niemanden auf ihrem Gelände, das sie schließlich bald an ein Entwickler-Konsortium verkaufen wollen. Die ÖBB gehören aber deswegen uns allen, weil sie Allgemeininteressen zu dienen haben. Hier besteht ein Allgemeininteresse an der Zwischennutzung eines Gebiets, das zwar formal einem Konzern gehört (den ÖBB), das aber real als Gemeineigentum betrachtet werden sollte.
Die Räumung bedeutet für die Skater-Gruppe nicht nur die Zerstörung der Arbeit eines Jahres und die Vernichtung eines Netzwerks, sondern auch eine massive finanzielle Belastung durch die schlagartige Entfernung aller selbstgebauten Rampen und anderen Installationen. Das Gelände von ALM-DIY liegt dort, wo in ein paar Jahren die Freie Mitte des neuen Nordbahnhofs sein wird. Selbst wenn das Kollektiv noch für einige Jahre als Zwischennutzerin vor Ort bleiben würde, wäre das aus Sicht der Stadtentwicklung kein Problem.
Haftungsfragen sind über den Mietvertrag problemlos zu klären, so wie das im vergangenen Jahr auch einwandfrei funktioniert hat. Wenn die ÖBB so große Angst davor haben müssten, dass sich irgendwer an ihnen schadlos halten will, müssten sie das ganze Nordbahnhof-Gelände luftdicht abzäunen.
Wir Grüne Leopoldstadt appellieren also nachdrücklich und eindringlich an die ÖBB, der Gruppe ALM-DIY eine weitere Nutzung ihres Geländes zu ermöglichen. Dies würde sowohl den Skatern und den BewohnerInnen des Nordbahnhofs als auch dem Bild der ÖBB in der Öffentlichkeit dienen.