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Weblog der Grünen Leopoldstadt


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Liveblog vom Bezirksparlament am 29.Juni 2021

Heute ab 17h tagt das 2. Bezirksparlament der Leopoldstadt im Jahre 2021.
Erstmals gibt es die Möglichkeit, sich die Sitzung per Livestream anzuschauen.

Wir bringen diesmal 12 Anträge und 5 Anfragen ein.

Bei den Anträgen geht es diesmal um folgende Themen:

  • Popup-Radwege in der Praterstraße und Lassallestraße wieder einrichten
  • Ballspielkäfig des Campus Christine Nöstlinger auch in den Ferien öffnen
  • Erdbergersteg richtig umsetzen
  • T30-Piktogramme in der Heinestraße
  • Bus 5B: keine Umverlegung
  • Donaukanal: kein Geländer
  • Grünoasen in der Adambergergasse und Rembrandtstraße umsetzen
  • Aspernbrücke: Reduktion der Autofahrbahnen
  • Ferienbetreuung am Campus Christine Nöstlinger
  • SToP – „Stadtteile ohne Partnergewalt“ auch im 2. umsetzen
  • 77A – zusätzlicher Bus

Ein Antrag wird gemeinsam mit allen anderen Fraktionen gestellt, nämlich den Park in der Offenbachgasse nach Friederike „Fritzi“ Massary zu benennen.

Die fünf Anfragen betreffen folgende Themen:

  • Fehlende Radständer in der Castellez- und Scherzergasse
  • Verzögerungen bei der Errichtung von behördlich bewilligten Fahrrad-Abstellanlagen
  • Starmania 21 Tour in der Freudenau
  • WC-Anlagen am Donaukanal
  • Rasengleis am Tabor – Bewässerungssystem

Die SPÖ-Vertreterin erklärt wieder einmal, warum sie Popup-Radwege ablehnen. Es gäbe Detailprobleme und außerdem bauen sie jetzt eh alles fix um. Red ma in 1 Jahr weiter.

Jetzt diskutieren wir schon lange über die Pilotstudie zum Supergrätzl Volkertviertel, deren Veröffentlichung BV Nikolai leider verhindert hat. Allerdings nur die Grünen. Alle anderen Parteien lassen die Argumente wortlos über sich ergehen und stimmen dann (bis auf die KPÖ) geschlossen gegen den Superblock Volkertviertel.

Die Neos wollen den Schleichweg Stadionallee/Meiereistraße durch den Prater über die Hauptallee nicht gleich ablehnen, sondern vorerst in der Verkehrskommission besprechen. Weil die Tangente manchmal zu ist und dann eine Ausweichroute nötig ist. Wir denken, hier gibt es nichts zu besprechen. Die Autos haben im Prater nichts verloren.
Der entsprechende Antrag der KPÖ wird von SP, VP, FP und Neos abgelehnt.

Jetzt folgt ein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen, den Park in der Offenbachgasse nach Friederike „Fritzi“ Massary zu benennen. → Einstimmig angenommen.

Jetzt folgen die Grünen Anträge:

  1. In der Praterstraße und Lassallestraße sollen so wie letztes Jahr wieder temporäre Pop-up-Radwege verordnet werden. Diese Pop-up-Radwege sollen bis zum Ausbau einer ausreichend dimensionierten, dauerhaften Radinfrastruktur bestehen bleiben.
    Ein Vertreter von ÖVP oder FPÖ erklärt uns, warum die Popup-Radwege eine Katastrophe sind. Die SPÖ beteiligt sich wieder mal nicht an der Diskussion. Wenig überraschend wird der Antrag von SP, VP, FP und Neos abgelehnt.
  2. Der Ballspielplatz des Campus Christine Nöstlinger soll in den Schulferien wesentlich häufiger für die Kinder und Jugendlichen der Umgebung geöffnet werden.
    Die SPÖ-Vertreterin möchte den Antrag der Kinder- und Jugendkommission zuweisen. Blöd halt, dass die Kommission erst Mitte September tagt. Da sind in Wien die Sommerferien aber schon vorbei.
    Der Neos-Vertreter möchte den Ballkäfig aber nur zeitweise öffnen (8-20h unter der Woche und gar nicht am Wochenende)
    → Zuweisung in die Kinder- und Jugendkommission im September.
  3. Der neue Erdbergersteg für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen soll breiter gebaut werden und die Ampelschaltungen verbessert werden.
    → Einstimmig angenommen
  4. In der 30er-Zone Heinestraße/Mühlfeldgasse sollen T30-Piktogramme auf die Geschwindigkeitsbegrenzung hinweisen.
    → Zuweisung in die Verkehrskommission
  5. BV Nikolai will die Route des 5B von der Volkertstraße in die Vereinsgasse verlegen. Nachdem das für den Öffentlichen Verkehr Nachteile und eine erhöhte Staugefahr bedeutet, lehnen wir das ab.
    → Der Block SP, VP, FP und Neos lehnt den Antrag ab.
  6. Das Donaukanalufer soll in seiner jetzigen Form erhalten bleiben. Es soll kein Geländer angebracht werden.
    → Einstimmig angenommen
  7. Die Aspernbrücke soll in den nächsten Jahren generalsaniert werden. Wir schlagen vor, dass es im Zuge dieser Arbeiten nur mehr 1 Geradeausspur in Richtung 2. Bezirk geben soll. Schließlich wird ja auch die Aspernbrückengasse/Praterstraße stadtauswärts nur mehr 1 Spur haben. Der dadurch gewonnene Platz kann dazu verwendet werden, auf der stromabwärts gelegenen Seite der Brücke eine ausreichend dimensionierte Radverkehrsanlage in beide Richtungen zu errichten.
    → Der Block SP, VP, FP und Neos lehnt den Antrag ab.
  8. Wir wollen, dass in der Adambergergasse und der Rembrandtstraße Grünoasen in der Parkspur errichtet werden. Asphaltflächen sollen entsiegelt werden, Bäume und Grünflächen sollen stattdessen für ein angenehmeres Umgebungsklima in den Hitzesommern sorgen.
    → Beide Anträge werden dem Umweltausschuss zugewiesen, um Details besprechen zu können.
  9. Wir schlagen eine Ferienbetreuung am Campus Christine-Nöstlinger vor.
    → Der Antrag wird gegen die Stimmen der Neos angenommen.
  10. Das Nachbarschaftsinitiative SToP – „Stadtteile ohne Partnergewalt“ soll auch in der Leopoldstadt implementiert werden.
    Die Neos finden es zwar wichtig, dass etwas gegen häusliche Männergewalt gemacht wird, sind aber beim Verein SToP skeptisch und stimmen daher dagegen. Alle anderen stimmen dafür.
  11. Wir schlagen die Einführung eines zusätzlichen Kurses auf der Buslinie 77A in der Früh vor. Damit könnten Kinder der Dammhaufensiedlung am Handelskai sicherer und ohne lange Wartezeiten in die Schule gelangen.
    → Einstimmig angenommen.

    Alle Grünen Anträge kann man übrigens auf unserer Website im Detail nachlesen.

    Die 2. Sitzung des Bezirksparlaments 2021 endet um 20:54 Uhr.


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Das war das Fest für Sandra, unsere Frau des Jahres 2020 – ein sehr persönlicher Bericht

Sandra sitzt in der ersten Reihe und lacht. Und heult. Und lacht wieder. Und weiß so gar nicht recht, wohin mit all der Emotion und Aufregung. Und singt lautstark mit, als die Band ihr Lieblingslied spielt. Neben ihr prominente Gäste: Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, die Frauensprecherin der Grünen Wien Barbara Huemer und natürlich Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger.

© Louai Abdul Fattah

So kamen wir am Frauentag im magdas zum Fest für die Frau des Jahres zusammen, das ich organisieren und moderieren durfte.

Die Frau des Jahres ist ein Preis, den wir Grünen in der Leopoldstadt seit 2002 jedes Jahr zum Internationalen Frauentag am 08. März vergeben: an tolle, starke, beeindruckende Frauen, die sich für wichtige Anliegen der Zivilgesellschaft engagieren.

Und diese Frau des Jahres 2020 ist Sandra!

© Louai Abdul Fattah

Ich durfte Sandra im Zuge der Vorbereitungen für die Veranstaltung kennenlernen und eine Tour mit ihr gehen. Sandra ist nämlich unter anderem beim Verein SUPERTRAMPS aktiv, der soziale Stadtrundgänge durch Wien organisiert, die von obdach- und wohnungslosen Menschen konzipiert und geführt werden. Sandra ist stellvertretend für viele betroffene Menschen und v. a. wohnungslose Frauen eine ganz starke Stimme, eröffnet sie doch auf ihren Touren wichtige neue Perspektiven, lenkt den Blick auf Probleme, welche wir nur allzu gerne ignorieren würden, und leistet somit einen wichtigen Beitrag zum Thema Frauen in der Wohnungslosigkeit.

Julia Anna sorgt für die passende Musik für Sandras Ehrung im gut besuchten Magdas. © Louai Abdul Fattah

Und nun sitzt sie vor mir und kann kaum fassen, wie ihr geschieht. Sie – plötzlich unsere Frau des Jahres? So viele prominente Politikerinnen der Grünen Wien, die Ansprachen für sie halten?

v. l. n. r. die Frauensprecherin der Grünen Barbara Huemer, Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, die Frau des Jahres Sandra, Bezirskvorsteherin Uschi Lichtenegger, die Projektleiterin des Vereins SUPERTRAMPS Theresa Bodner, Bezirksrätin und Moderatorin des Abends Nina Nöhrig © Louai Abdul Fattah

Wunderschöne Worte, um Sandra zu beschreiben, findet auch Teresa Bodner, Projektleiterin des Vereins SUPERTRAMPS, in ihrer Laudatio:

Sandra ist ein rothaariges Energiebündel mit einem frechen Grinsen und einem warmherzigen Kern. Sie kann Menschen in ihren Bann ziehen und versteht es meisterhaft, ihre Erlebnisse in einer Kombination aus schonungsloser Ehrlichkeit und Wiener Schmäh zu präsentieren.

Theresa Bodner hält die Laudatio. © Louai Abdul Fattah

Ehrlichkeit, Humor, Stärke, Lebensmut, … – das sind nur ein paar der Eigenschaften, die Sandra auszeichnen. Spätestens als sie die Bühne betritt und ihre Dankesworte mit einem Heiratsantrag an den anwesenden Freund beendet (die Antwort kann nur JA sein!), fiebern alle Gäste mit und sind vollends in Sandras Bann gezogen! Und nicht nur sie hat Freudentränen in den Augen.

Die Antwort kann nur Ja sein! © Louai Abdul Fattah

Am nächsten Tag wird mir Sandra eine Nachricht schreiben:

Der Abend gestern war das Highlight meines Lebens. Danke, dass ihr an mich geglaubt habt und ich es erleben durfte. Es war der pure Wahnsinn.

Und weißt du was, Sandra: Es hätte keine großartigere Frau des Jahres für mich geben können als DICH!

© Louai Abdul Fattah

Mach eine Tour mit Sandra: https://supertramps.at/wien-mein-zentrum-fuer-starke-frauen/

Wenn du mehr über Sandra erfahren möchtest, dann schau doch auf unsere Homepage! Dort findest du:


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Praterstern – Unsere Werte in Gefahr

Jedes Verbrechen ist empörend und ein schwerer Schaden für das Opfer und dessen Angehörige. Im Umgang mit Verbrechen ist aber noch einiges andere zu bedenken. Die Waffenverbotszone am Praterstern definiert die Gegend offiziell als gefährlich. Das dient nicht nur der Verbrechensbekämpfung, sondern auch der Selbstdarstellung als überlegener, anständiger Mensch.

praterstern.jpg

Unsere Werte

Wir definieren Werte. Die Werte geben uns die Richtung im Leben vor, sie dienen als Orientierungspunkte. Im geordneten Alltag streben alle anständigen Menschen nach denselben Werten. Aber es gibt sie doch: die Unanständigen. Sie verletzen unsere Werte, sie verstoßen gegen die Regeln, sie widersetzen sich.

Wir beobachten Zusammenhänge: Wo halten sie sich auf, diese Unanständigen? Wie erklären wir ihr Verhalten? Wodurch unterscheiden sie sich von uns? Hilfreich bei diesen Gedanken ist, wenn die Polizei die verdächtigen Gruppen gleich offiziell definiert, zum Beispiel mit Waffenverbotszonen. Wir haben es schon immer gewusst: die Gegend ist gefährlich.

Die Verdächtigen

Das Böse hat jetzt einen Ort: es ist am Praterstern. Wer oder was genau ist aber böse? Bei genauerem Hinsehen verschwimmen die Grenzen. Ist das Böse wirklich eine persönliche Entscheidung, die von den Menschen selbst getroffen wird, oder ist es ungleich verteilt zwischen verschiedenen Gruppen, die an einer sozialen Auseinandersetzung teilnehmen? Böse sind immer die anderen, diejenigen, die nicht zu uns gehören und unsere Werte nicht teilen. Die eigene Lebensweise ist immer die beste.

Was sagen noch einmal unsere Werte? Gleichheit ist laut einer Studie einer der wichtigsten Werte der ÖsterreicherInnen. Wenn ich mich über meine Werte definiere, dann lebt niemand die Gleichheit so überzeugend wie ich selbst. In diesem Satz dürfte ein Widerspruch stecken.

Die Zone erfüllt auch die Funktion eines Sündenbocks. Solange ich nicht hingehe, kann ich gar nicht zu den Unanständigen gehören, die sich dort aufhalten oder aufgehalten haben. Falls ich doch hingehe, habe ich ganz bestimmt nichts Näheres mit den Menschen dort zu tun. Ich gehe ja nur durch. Wo der Anstand zu finden ist, sagt uns heute die Obrigkeit. Es werden klare Grenzen gezogen, innerhalb gelten andere Gesetze als außerhalb.

Die Zone der Minderprivilegierten

Wir sehen, dass Werte definiert werden und auch gleich wieder verletzt werden. Werte enthalten Widersprüche. Man verwendet Werte immer auch dazu, um sich selber als überlegen darzustellen. Ist das Böse freie Entscheidung? Wie landet man eigentlich in einer Randgruppe? Wer gehört zur Zone und wer geht nur schnell durch? Es ist eine Machtfrage.

Quellen:
– über Distinktion: Bourdieu, Pierre. 1984. Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Übersetzt von Bernd Schwibs und Achim Russer. Dritte, durchgesehene Auflage. 1979. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
– über Werte: European Social Survey Round 8 (2016), www.europeansocialsurvey.org
– über Widersprüche: Marx, Karl. 1968 [1867-1894]. Das Kapital. MEW Band 23. Berlin: Dietz.


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Mit dem Sozialstaat leben

Über die Ausgestaltung des Sozialstaats wurde schon viel geschrieben. Ein Großteil der Diskussion scheint sich um die Frage zu drehen, ob man mehr oder weniger Sozialstaat braucht. Diese Frage ist so allgemein, dass sie die speziellen Probleme der Betroffenen übersieht. In diesem Beitrag möchte ich aufzeigen, dass es mehr gibt als nur die Frage, ob der Staat mehr oder weniger Unterstützungen auszahlen soll. Ich werde das an einem der wesentlichen Themen der Verteilungsproblematik zeigen, nämlich am Beispiel der Armut.

Armut in der Gesellschaft betrifft uns alle

Ein paar Zahlen

Ein Indikator für Armut misst mehrfache Ausgrenzung. Dabei spielen Einkommen, Arbeitslosigkeit und die Leistbarkeit von konkreten Gütern und Dienstleistungen eine Rolle. Die Statistik Austria gibt 10% als Armutsquote für Wien im Jahre 2016 an, gemessen mit diesem Indikator. Die Änderungen in den Jahren davor waren nicht sehr groß. Für die Leopoldstadt ist das Nettojahreseinkommen pro ArbeitnehmerIn und pro PensionistIn niedriger als in ganz Wien. Daraus kann man keine Aussage über die Armut in der Leopoldstadt ableiten. Man müsste wissen, wie sich das Einkommen auf große und kleine Haushalte verteilt und ob andere Ausgrenzungsgefährdungen vorliegen. Für solche Aussagen sind die untersuchten Fallzahlen viel zu gering.

Betroffene Menschen

Der Wiener Sozialbericht 2015 sagt uns einiges über die von Armut betroffenen Bevölkerungsgruppen. Viele Alleinerziehende sind darunter, insbesondere kinderreiche Familien beziehen die bedarfsorientierte Mindestsicherung. Dadurch gibt es viele Kinder unter den EmpfängerInnen der Mindestsicherung. Die Grundversorgung für AsylwerberInnen ist ein weiteres Beispiel einer Sozialleistung, die viele Armutsgefährdete und manifest Arme bekommen. Junge Erwachsene, die bereits erwerbstätig sind, haben oft noch sehr niedriges Einkommen. Pensionistinnen, deren Pension sehr niedrig ist, leben an oder unter der Armutsschwelle.

Was Armut im Alltag bedeutet

So weit die Statistiken und Verwaltungsdaten. Was heißt das aber für die Situation der Betroffenen?

Scham: Eine Studie, die auf Interviews in Deutschland mit seinen Hartz-IV-Gesetzen basiert, gibt einige subjektive Eindrücke wieder. Sozialhilfe-EmpfängerInnen fühlen sich mitunter von der Verwaltung gegängelt, leiden unter schikanösen Bedürftigkeitsprüfungen, haben in den ihnen vermittelten Mini-Jobs wenig Chancen, sich gegen Ungerechtigkeit zu wehren, weil sie sonst als unkooperativ gemeldet werden. Das bürokratische System kann seine Überlegenheit dadurch ausdrücken, dass AntragstellerInnen warten gelassen werden und schließlich ohne Entschuldigung ohne Eile bedient werden. Es gibt im Alltag die üblichen Bezeichnungen Sozialschmarotzer, Faulenzer usw.

Schulerfolge: In den USA in den 1990er-Jahren wurde festgestellt, dass niedriges Familieneinkommen in den frühen Jahren der Kindheit einen deutlichen Einfluss auf spätere Schulleistungen und Leistungen der jungen Erwachsenen hat.

Aktivierung: Interviews mit österreichischen BMS-EmpfängerInnen zeigen, dass viele Betroffene aktiviert werden, aber nicht unbedingt im Sinne des Arbeitsmarktes. Es werden persönliche Krisen aktiv bewältigt, oder es wird aktiv ein eigenes Einkommen erwirtschaftet, an den Behörden vorbei in rechtlichen Grauzonen. Aktivierend kann die Vorgabe einer Tagesstruktur in therapeutischen Einrichtungen oder Beschäftigungsinitiativen wirken. Eine Form der Aktivität, die von einer interviewten Person beschrieben wurde, besteht darin, gegen die eigene Einstufung als Behinderte anzukämpfen.

Eingreifen

Die staatlichen Maßnahmen beeinflussen das Leben der Betroffenen. Die Erfahrung der Armut ist von großer Bedeutung für den Alltag, für die eigenen Möglichkeiten, die Politik kann etwas bewirken und wirkt auf verschiedene Weise.

Wir brauchen nicht nur eine Debatte über mehr oder weniger Sozialstaat. Es geht nicht nur darum, dass Menschen durch höhere oder niedrigere finanzielle Zuwendungen für den Arbeitsmarkt verfügbar gemacht werden. Die Probleme sind nicht damit gelöst, dass ExpertInnen die optimale Höhe der Sozialleistungen berechnen.

Wir sollen uns die Frage stellen, welche Rolle wir als Staat im Leben der Betroffenen spielen. Es ist eine Frage des Zusammenlebens. Wir sind alle betroffen.

 

Quellen:
– Becker, Jens und Jennifer Gulyas. 2012. Armut und Scham – über die emotionale Verarbeitung sozialer Ungleichheit. Zeitschrift für Sozialreform 58 (2012), Heft 1:83-99.
– Duncan, Greg J., W. Jean Yeung, Jeanne Brooks-Gunn and Judith R. Smith. 1998. How Much Does Childhood Poverty Affect the Life Chances of Children? American Sociological Review, Bd. 63, Nr. 3 (Juni 1998):406-423.
– Globisch, Claudia, and Fabian Madlung. 2017. Aktivierende Sozialpolitik zwischen Systemimperativ und Eigensinn: Eine Untersuchung der Effekte und Aneignungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Österreich. Österreichische Zeitschrift für Soziologie 42, Nr. 4 (2017):321-43.
– Magistrat der Stadt Wien, MA 24 (Hg.). 2015. Wiener Sozialbericht 2015. Wiener Sozialpolitische Schriften. Bd. 8. Wien.
– Statistik Austria. 2017. Standard-Dokumentation. Metainformationen (Definitionen, Erläuterungen, Methoden, Qualität) zu EU-SILC 2016. Wien.
– Taxacher, Ina und Gustav Lebhart. 2016. Wien – Bezirke im Fokus. Statistiken und Kennzahlen. Online Broschüre. Hrsg. Magistrat der Stadt Wien, MA 23. Wien.